Über hundert Jahre blindes Vertrauen – der internationale Tag des Blindenführhundes

Geschichte der vierbeinigen Helfer

Als Jagd-, Spürhund-, Wach- oder Schutzhund ist der Hund schon lange ein treuer Begleiter des Menschen. Alte Wandmalereien aus dem ersten Jahrhundert nach Christus, sowie Seidenteppiche aus Fernost im 13. Jahrhundert, zeugen von einer schon frühen Bindung zwischen Mensch und Hund. Damals eher als Gefährte oder Beschützer, wurden im 18. Jahrhundert die ersten Hunde im Pariser Blindenhospitals „Les Quinze-Vingts“ blinden oder sehbehinderten Menschen zur besseren Mobilität zur Seite gestellt.

Den vielen erblindeten Soldaten im ersten Weltkrieg wurde durch den Wiener Arzt Dr. L. Sennfelder nahegelegt sich einen Führhund zuzulegen. Der Deutsche Verein für Sanitätshunde übergab 1916 den ersten systematisch ausgebildeten Blindenhund an den Kriegsblinden Paul Feyen. 1923 gründete der Deutsche Schäferhundverein in Potsdam eine Führhundschule und konnte unter realistischen Bedingungen die Hunde auf ihre spätere Aufgabe vorbereiten. In New Jersey wurde am 29. Januar 1929 die Blindenführhundschule „The Seeing Eye“ die erste Blindenführhundschule in Amerika gegründet. Der 29. Januar ist seitdem der „Tag des Blindenführhundes“.

Seit 1989 gibt es die IGDF (International Guide Dog Federation), eine weltumspannende Organisation zur Förderungen einheitlicher Ausbildungsmethoden. Mitglieder durchlaufen einen strengen Zertifizierungsprozess, bei dem die Qualität der Arbeit sowie die Einhaltung des Tierschutzes bewertet wird. In Deutschland gibt es seit 1995 die Stiftung Deutsche Schule für Blindenführhunde, welche sich zur Aufgabe gemacht hat die Steigerung der Mobilität und Lebensqualität blinder und sehbehinderter Menschen zu fördern.

Der Blindenführhund ist mehr als ein Hilfsmittel

Digitale Navigationssysteme oder der Langstock können einen Blindenführhund nie ersetzen. Der treue Gefährte ermöglicht dem Blinden oder Sehbehinderten das Erreichen von Orten, die mit dem Langstock nur schwer zugänglich sind, und erleichtert so die Teilnahme am öffentlichen Leben.

„Ohne Sehvermögen den Alltag bewältigen zu müssen, erzeugt viele Ängste und bedeutet erst einmal Rückzug aus dem Gewohnten. Die Übergabe und Ausbildung mit meinem Labrador Golden Retriever Mischling „Brenda“ war eine große Herausforderung! Nach bestandener Gespannprüfung waren wir sehr schnell aufeinander eingespielt und Brenda bringt mir neue Lebensfreude!“ Fr. Riedemann – Führhundhalterin

Anforderungen an den Vierbeiner

Die wichtigsten Voraussetzungen für einen Blindenhund sind ein geringes Aggressionspotential, Friedfertigkeit, Belastbarkeit, sowie ein wesensfester Charakter. Golden und Labrador Retriever werden weltweit für die Ausbildung zum Blindenführhund bevorzugt. Auch muss ein Blindenführhund gesundheitlich topfit sein, damit er zuverlässig arbeiten kann. Dies wird durch gründliche tierärztliche Untersuchungen abgeklärt, bevor der Hund den Dienst bei seinem blinden oder sehbehinderten Menschen antreten kann.

Blindenfuehrhund Baustelle

Ausbildung zum Helfer auf vier Pfoten

Um seinen blinden oder sehbehinderten Menschen sicher führen zu können, erlernt der Hund über 30 Hörzeichen, mit denen sich sein Halter oder seine Halterin Türen, Treppen, Briefkästen oder Sitzplätze in Bus und Bahn anzeigen lassen kann.
Das Anzeigen bzw. Umgehen von Hindernissen ist eine weitere Aufgabe. Hierbei spielt die sogenannte „intelligente Gehorsamsverweigerung“ eine wichtige Rolle. Der Führhund darf sein Herrchen oder Frauchen nicht in eine Gefahrensituation, wie z.B. in eine Baustelle führen, sondern muss diese anzeigen und seinen Menschen sicher drum herumführen.

Bindung zwischen Mensch und Hund

Viel Sensibilität und Erfahrung müssen die Trainer und Trainerinnen mitbringen, um einem blinden oder sehbehinderten Menschen den richtigen Hund vermitteln zu können. Die Chemie zwischen Zwei- und Vierbeiner muss stimmen. Beide Seiten müssen einander blind vertrauen, dieses Vertrauen wächst mit der Zeit und schweißt Mensch und Hund zu einem Team zusammen.

Außerhalb der eigentlichen Arbeitszeit ist der Blindenführhund ein „ganz normaler“ Familienhund, der mit seinem Menschen oder mit Artgenossen spielt oder seine Freizeit bei einem Nickerchen in der Sonne genießt.

Bitte nicht stören ich bin im Dienst!

Trägt der Blindenführhund ein Führgeschirr, ist er im Dienst und widmet sich hoch konzentriert seiner Arbeit. Bitte halten Sie Abstand und machen den Weg frei. Ist ein eigener Hund dabei, lassen Sie ihn bitte nur nach Absprache zu dem Blindenführhund.
Der Blindenführhund sollte nicht abgelenkt werden, denn sein Halter muss sich „blind“ auf ihn verlassen können.

Folgende Punkte stören den Hund bei seiner Arbeit und sollten vermieden werden:

  • pfeifen, erschrecken
  • anstarren oder ansprechen
  • füttern
  • streicheln oder anfassen

Das Gespann hat das Recht auf den Zugang zu Lebensmittelläden, Arztpraxen und Bereichen des öffentlichen Lebens.

Eine Patenschaft, die Freude macht

Auch Sie können sich einbringen. Die gemeinnützige Stiftung Deutsche Schule für Blindenführhunde ist auf engagierte Menschen angewiesen, die sich für ca. 1 ½ Jahre um die Junghunde kümmern. Wenn Sie die Betreuung eines angehenden Blindenführhundes unter professioneller Anleitung übernehmen möchten, melden Sie sich.

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